Das Müssen ist der Mörder der Lust

Hast du auch schon die Lust an etwas verloren, weil du das Gefühl hattest du musst? Oder du hast dich selber unter Druck gesetzt irgendetwas erreichen zu müssen und die Freude war plötzlich weg?

Geht es um Sexualität, kann das mit der Zeit in einer regelrechten Sackgasse münden. Der Erwartungsdruck wird immer stärker. Das Gefühl, dem anderen nicht gerecht zu werden, löst oft ein schlechtes Gewissen aus. Man hat vielleicht Angst den Partner zu verlieren, wenn sich nichts ändert. Man lässt sich, trotz Lustlosigkeit ein, damit „die Kirche im Dorf“ bleibt. Oder man blockt jeglichen körperlichen Kontakt ab, um ja nicht Gefahr zu laufen, dass es weiter gehen könnte.

Ist man derjenige, der gerne mehr Sexualität hätte, kann sich sehr viel Frustration aufstauen. Man hat möglicherweise das Gefühl als Frau oder Mann nicht attraktiv genug zu sein, fühlt sich immer wieder zurück gestossen oder denkt man komme dauernd zu kurz. Vielleicht findet doch ab und zu Sexualität statt, aber man spürt, dass es der andere nicht wirklich geniesst, was auch nicht gerade aufbauend ist.

Gespräche mit dem Partner über die Unlust sind häufig nicht ganz einfach, denn man will den anderen in der Regel ja nicht verletzen oder zu etwas drängen, was er nicht will. Es ist auch nicht immer klar woran es denn eigentlich liegen könnte und das kann Gefühle der Ohnmacht oder Hilflosigkeit auslösen.

Ginge es bei all dem um irgendein Hobby, wäre die Lösung relativ simpel: Man betreibt das Hobby ohne den Partner. Aber beim Sex ist das in den meisten Fällen nicht so einfach.

Will man Sexualität nicht „auslagern“ oder im Extremfall die Beziehung gar beenden, bleiben eigentlich nur folgende Möglichkeiten übrig:

Einschränkung oder Verzicht

Man verzichtet auf Sexualität und das kann eine sehr stimmige Lösung sein, wenn beide Partner gut damit leben können. Ist es aber nicht so, kann die Unzufriedenheit auf andere Bereiche der Partnerschaft abfärben.

Einen Weg beschreiten und sich nach und nach wieder einlassen

Warum könnte sich das lohnen?

Dafür gibt es gleich mehrere Gründe:

  • Weil die Freude an dem, was der Körper einem an Sinnlichkeit schenken kann beglückend ist.
  • Geteilte Intimität in einer Partnerschaft ein tragender Boden sein kann, der über manche Schwierigkeit im Alltag hinweg hilft.
  • Eine freudvolle Sexualität etwas sehr Nährendes ist. Sie schenkt Energie, Zufriedenheit und Entspannung.
  • Es eine Gelegenheit ist, sich selbst zu nähren und dem anderen etwas Schönes zu geben.

Heraus aus der Sackgasse Unlust

Einerseits beinhaltet der Weg zurück zur Lust in vielen Fällen  ein Hinschauen auf die möglichen Gründe, weshalb sie verloren gegangen ist oder nie richtig vorhanden war. Dies gibt einem oftmals den Schlüssel in die Hand für Veränderung.

Andererseits geht es darum grundsätzlich die Freude an der Lust am eigenen Körper wieder zu beleben, denn dies ist die Basis um Sexualität mit einem anderen Menschen geniessen zu können.

Ein paar Tipps mit auf den Weg

  • üben wirklich präsent im Körper zu sein, denn wenn niemand „Zuhause“ ist, gibt es auch niemanden, der etwas spürt.
  • das Loslassen von Erwartungen (z. B. dass ein Orgasmus sein muss oder man den anderen zufrieden stellen sollte).
  • Neugierde und Entdeckungslust mit dem eigenen Körper. Ich muss gar nichts, aber ich kann einfach mal schauen, was passiert, wenn ich mich einlasse.
  • Äussere Rahmenbedingungen schaffen, so dass Sexualität überhaupt stattfinden kann (z. B. Zeit und Musse für Begegnung).

Vielleicht denkst du jetzt: „So einfach ist das nicht“.

Meine Antwort darauf: Da hast du nicht Unrecht und deshalb sind Geduld und Wohlwollen mit sich selbst wichtig als Wegbegleiter. Und es braucht da auch ein Engagement in der Sache. Ein „Ja, ich tue etwas dafür!“, «Ich hole mir meine Lust zurück!» Das kann auch bedeuten, dass man sich Unterstützung holt.

Wenn Menschen in meiner Praxis darüber sprechen, wie schwierig die Situation für sie ist, erlebe ich häufig, dass dadurch mehr Entspannung mit dem Thema einkehrt und der Raum sich auftut für konkrete und praktikable Lösungswege. Dies gibt eine Klarheit und Ausrichtung in sich selbst, die Veränderung ermöglicht, bei der man sich selber treu bleibt.

 

Wenn wir Erwartungen loslassen und anerkennen, was gerade ist, wird jeder Moment unseres Lebens zu einer neuen Möglichkeit.

 

 

 

Autorin: Nicole Struebin

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